Mitteilung des Instituts
Dienstag, 03.12.2013
Das Brahms-Institut an der Musikhochschule Lübeck hat in New York eine bislang unbekannte Brahms-Fotografie erworben. Das Portrait zeigt Johannes Brahms als Mitte Dreißigjährigen am Beginn seiner internationalen Karriere. Das Bild wurde in einem Bremer Atelier aufgenommen und wird auf das Jahr 1868 datiert, in dem Brahms mit der Uraufführung des Deutschen Requiem im Bremer Dom der Durchbruch gelang.
Die Brahms-Fotografie in Form einer »Carte de visite« ist im Atelier des jungen Bremer Fotografen Jean Baptiste Feilner entstanden. Institutsleiter Prof. Dr. Wolfgang Sandberger: »Die Fotografie ist eine kleine Sensation, da sie in der Forschung bislang unbekannt ist. Unser Bild von Brahms bestimmen die dominierenden Altersfotografien. Der Komponist schaut da meist versonnen-melancholisch in die Kamera. Die Bremer Fotografie zeigt ihn dagegen selbstbewusst, in stehender Pose am Beginn seiner internationalen Karriere - und ganz ohne Bart.« Die Fotografie ergänzt den umfangreichen ikonografischen Bestand der Lübecker Sammlung, die via Internet weltweit zugänglich ist. Dazu gehören rund 50 Fotografien, die zwischen 1853 und dem Todesjahr 1897 aufgenommen wurden und zum großen Teil aus dem Nachlass des Komponisten stammen.
Jean Baptiste Feilner gehörte zu den bedeutendsten Portrait-Fotografen seiner Zeit, besonders begehrt waren seine Portrait-Aufnahmen im Visitkarten- oder dem etwas größeren Kabinett-Format. Nach zahlreichen, zum Teil internationalen Prämierungen wurde er vom Oldenburger Erbgroßherzog Peter II. mit dem Titel des »Hof-Photographen« ausgezeichnet.
Johannes Brahms hat sich nachweislich häufiger in Bremen aufgehalten. Schon der 22-Jährige konzertierte im Konzertsaal der Union mit Beethovens fünftem Klavierkonzert und der Klavierphantasie op. 77. Wolfgang Sandberger: »Brahms wusste, wo es in Bremen schön ist: Er logierte meist im renommierten Haus Hillmann und aß gerne im Ratskeller. Dort feierte eine große Gesellschaft am Karfreitag 1868, dem Jahr aus dem das Foto mutmaßlich stammt, die Uraufführung des Deutschen Requiem.« In ihrem Tagebucheintrag schwärmte Clara Schumann: »Es war wie ein Musikfest«. Im November 1868 trat Brahms erneut in Bremen auf. Diesmal spielte er im Concertsaal der Neuen Börse sein Klavierquartett A-Dur op. 26, dessen Autograf ebenfalls zur kostbaren Sammlung des Lübecker Brahms-Instituts gehört. Aus dieser Zeit besitzt das Brahms-Institut noch eine weitere Fotografie, auf der Brahms gemeinsam mit dem Bremer Musikdirektor Carl Reinthaler abgebildet ist.